Kobudo – Neues (oder ganz altes) Angebot der Karateabteilung

Vor 150 Jahren gehörte zum Training des „Te“ oder „Tang-te“ (chinesische Hand“) auf Okinawa für die meisten Praktizierenden auch das Training mit Waffen. Um sich gegen Angreifer mit Schwertern oder Lanzen verteidigen zu können,

wurde mit Langstöckern, Sai (kurze Dreizack-Spieße, deren mittlerer Spieß deutlich länger ist), Tonfa (die werden heutzutage von vielen Polizeikräften wieder benutzt), Sicheln etc. trainiert.

Auffällig ist dabei, dass viele dieser Waffen gleichzeitig Arbeitsgeräte eines Bauern oder Fischers waren (Sicheln, Paddel). Die kürzeren Waffen hatten meist die Länge des eigenen Unterarmes und wurden paarweise genutzt, um blocken und angreifen zu können. Gleichzeitig konnten die Waffen so in den weiten Ärmeln der Kleidung versteckt werden.
Darüber, ob es Bauern und Fischer waren, die diese Techniken entwickelten oder doch Adlige, die eher die Zeit hatten, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, gibt es unterschiedliche Meinungen. Persönlich denke ich eher, dass es Adlige waren oder andere Menschen, die nicht den ganzen Tag auf dem Acker stehen mussten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entstand der Name Karate, übersetzt mit „Leere Hand“ (womit physisch, wie auch metaphysisch („leerer Geist“) gemeint war), um sich von dem „chinesischen“ im „Te“ abzugrenzen.
Karate wurde zur japanischen Kampfkunst, die weißen Anzüge und das Gürtelsystem wurden aus dem Judo übernommen, in den 40er und 50er wurde die JKA (Japanische Karate Assoziation) aufgebaut und diese schickte qualifizierte Karate-Lehrer in die Welt hinaus, um (Shotokan-)Karate zu verbreiten.
Damit verbunden war auch eine Versportlichung des Karate und so hatte dort das Training mit Waffen keinen oder nur sehr wenig Platz.

Einzelne Karate Stile wie das Shito-Ryu und das Shorin-Ryu behielten diese Tradition aber bei. Daneben entstand eine eigene Budo-Richtung, das Kobudo („kleines Budo“). Besonders Shinken Taira sammelte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die einzelnen Kata der verschiedenen Waffen und entwickelte das „Ryukyu Kobudo“. Es gibt aber, ähnlich wie im Karate, noch eine Vielzahl weiterer kleinerer und größerer Stile.

Seit ich Karate betreibe, hat mich das Training mit den okinawanischen Waffen fasziniert und ich habe immer wieder Anläufe genommen, dies in mein regelmäßiges Training zu integrieren. So bin ich sehr froh, nun ein regelmäßiges Kobudo Training im ATSV anbieten zu können. Im ATSV wird das Tokushin-Ryu Kobudo geübt, eine Mischung aus Elementen des Ryukyu Kobudo, des Isshin-Ryu und des Goju-Ryu. Tokumura Kenshin Sensei, der Begründer des Tokushin-Ryu, hat lange Isshin-Ryu und Goju-Ryu Karate studiert und so finden sich viele Elemente dieser Stile in dem Waffentraining wieder. Im Tokushin-Ryu wird mit diversen Waffen trainiert. Pro Waffe gibt es eine Kata im Kanon, mit der man sich intensiv auseinandersetzen kann.

Lars Andersen Sensei und Mads Nørby Sensei haben das Tokushin-Ryu nach Europa gebracht und um Übungsformen ergänzt, die in die Grundlagen einführen, bevor man sich mit den traditionellen Kata auseinandersetzt. Beide Sensei kommen aus Dänemark und trainieren Isshin-Ryu Karate. Ich kenne Mads schon sehr lange von verschiedenen Kobudo Lehrgängen. In den letzten Jahren konnten wir regelmäßig zusammen trainieren und viele ATSVler kennen ihn inzwischen auch von einzelnen Trainingabenden.
Ich hoffe, mindestens einen von beiden dieses Jahr für einen Lehrgang einladen zu können und bin sehr gespannt, wie sich dieses Projekt entwickeln wird.

Ein paar häufige Fragen:

„Wann und wo findet das Training statt?“

Montags vor dem Fortgeschrittenentraining in der Langenfelder Straße ist ein freies Training von 17:15-18:25.
Alle 4-6 Wochen gibt es einen 4 stündigen Workshop am Samstag in der Thadenstraße. Dieser wird jeweils einzeln ausgeschrieben.

„Was muss ich mitbringen?“

Ein wenig Erfahrung in Karate oder einer ähnlichen Kampfkunst, Sportkleidung (Karate- oder Kobudo Gi) und, wenn vorhanden, die passenden Werkzeuge (am Anfang einen Bo/ Langstock). In der Turnhalle Thadenstraße sind Bo vorhanden.

„Das sind ja ganz schön viele Waffen. Soll ich die jetzt alle lernen?“

Ich verstehe das Kobudo Training in erster Linie als eine Unterstützung des Karatetrainings. Durch diese Arbeit hat sich mein Verständnis für das Karate wesentlich vertieft. Daneben ist das Waffentraining auch eine gute Möglichkeit für sich alleine zu trainieren. Es schärft die Konzentration und Koordination, kräftigt und mobilisiert die Schultern und Arme.
Wie ihr merkt, halte ich die Auseinandersetzung mit dem Bo und mindestens einer paarigen Waffe für eine längerfristige Entwicklung im Karate für sinnvoll. Genauso wie es sinnvoll ist, sich Grundlagen der Bodenarbeit zu erarbeiten. Wer in den ganzen Kanon des Tokushin-Ryu einsteigen möchte, ist dazu natürlich herzlich eingeladen und wird von mir auch unterstützt. Das Training soll aber offen für alle interessierten Karateka sein.

„Und was sollen die schwarzen Jacken?“

In manchen Kobudo-Stilen trägt man zur weißen Hose eine schwarze Jacke. Es gibt dafür unterschiedliche Begründungen. Ein Grund ist sicherlich, sich einfach abzugrenzen. Für mich gibt es aber einen ganz praktischen Grund: Spätestens bei der Arbeit mit Metallwaffen hat man schnell mal Roststreifen an der Jacke, die fallen auf den schwarzen Jacken nicht so auf. Also: Für das Training braucht ihr die nicht, Eure Karatejacke mit dem Eurer Karate Graduierung entsprechendem Gürtel ist völlig ok. Auf Lehrgängen in Dänemark ist das etwas anderes. Auch wird bei Kobudo Prüfungen (wenn Ihr denn welche machen wollt), verlangt, dass ihr eine entsprechende Jacke und den Gürtel tragt, der Eurer Kobudo Graduierung entspricht.

Bodo Haß

Training:

Montags 17:15-18:25 Uhr
Langenfelder Straße 31

Alle 4-6 Wochen gibt es einen 4 stündigen Workshop am Samstag in der Thadenstraße. Dieser wird jeweils einzeln ausgeschrieben

Kontakt:

Bodo Haß
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